Archiv für das Tag '#Interview #Alla Gonchar #Klavierpädagogin'

Interview mit Alla Gonchar, Musik- und Klavierpädagogin

1. Dezember 2025

 

 

Alla Gonchar ist als Musikpädagogin und Klavierpädagogin aktiv. Sie hat am Konservatorium Uman/Ukraine in Kiew ihr musikpädagogisches Studium mit einem pianistischen und pädagogischen Abschluss absolviert. Seit ihrer Umsiedlung nach Deutschland hat sie außerdem ein Studium der Musikpädagogik, Musikwissenschaft und Kunstgeschichte an der Universität Augsburg abgeschlossen und dort unterrichtet. Seitdem gibt sie ihre Erfahrungen im Klavierunterricht weiter und bereitet beispielsweise auch Schülerinnen und Schüler für Aufnahmeprüfungen zu einem Musikstudium vor.

Nützliche Links:

https://musikinstitut-allegro.de/

https://www.bechstein.com/centren/augsburg/service/klavierunterricht/

https://www.myheimat.de/neusaess/c-kultur/die-musikpaedagogin-alla-gonchar-oeffnet-ihre-tueren-fuer-jeden-der-interesse-an-einer-gruendlichen-klavierausbildung-hat_a3464621

https://consent.youtube.com/m?continue=https%3A%2F%2Fwww.youtube.com%2F%40essenzconversationwithalla8049%3Fcbrd%3D1&gl=DE&m=0&pc=yt&cm=2&hl=de&src=1

@alla_allegro

@allagoncharimprodance6652

Bearbeitetes Interview mit Alla Gonchar am 18. November 2025

Im Folgenden eine bearbeitete Fassung des zweiten Teils des Interviews zum Thema Musik und Ballett, das mich besonders interessiert hat.

Du hast dich auch intensiv mit klassischem und modernem Ballett auseinandergesetzt bzw. bist ja selbst als Tänzerin sehr aktiv, was man ja auch in vielen YouTube – Videos sehen kann. Wie kam es denn zum Thema Tanz?

Ganz einfach, der Tanz war eigentlich vor der Musik. Ballett war mit fünf, Musikschule erst mit sieben. Das waren die Entscheidungen von meinen Eltern, weil ich auffallend beweglich und musikalisch war. Eine Nachbarin, die Klavierlehrerin ist, hat meiner Mutter vorgeschlagen, ob ich nicht die Aufnahmeprüfungen in der Musikschule probieren sollte, weil ich andauernd gesungen und eben getanzt hab, und das sind, wie ich heute auch bestätige, die zwei wichtigsten Voraussetzungen für eine Klavierausbildung, dass das Kind vorher singt und tanzt. Ich habe im Februar Aufnahmeprüfungen gemacht, gleich nachdem ich gerade sieben Jahre alt wurde. Ich habe die Prüfungen gut bestanden, und so kam ich zu der hervorragenden Lehrerin in der Musikschule, Natalia Grischenko, Absolventin der Gnessin-Akademie, und so fing das an.  

Gibt es eine bestimmte Stilrichtung, die du bevorzugst?

Es wechselt genauso wie mit den Komponisten, phasenhaft. Zu Beginn tanzte ich klassisches Ballett, danach kamen moderne Tänze. Mit 13 hab ich zum Beispiel Michael Jacksons „Thriller“ mit der Gruppe getanzt und Rock ’n‘ Roll. Danach gab’s eine Pause wegen des Klavierstudiums, und als ich hier in Deutschland angefangen habe, weiter zu studieren, ich glaube nach dem 2. Semester, hab ich mich wieder bei einer Tanzschule eingeschrieben, und da ging es mit Standard-Latein weiter, Salsa, Cha-Cha-Cha und wie sie alle heißen. Danach gab’s argentinischen Tango, Salsa, Kizomba und ‚Contemporary Ballet‘, was ich am allermeisten liebe, und jetzt hab ich gerade Flamenco angefangen.

Welche Musik ist eigentlich überhaupt für Tanzmusik geeignet, also als Choreographie umsetzbar?

Absolut alles. Du bist natürlich mit deinem technischen Equipment wahrscheinlich etwas begrenzt. Aber darum geht’s auch nicht. Wir sind ja schließlich keine Profitänzer.

Du hast gerade von Denken jetzt gesprochen. Wie steht’s da um die Fantasie, die eigene Fantasie, die man da miteinbringt?

Das ist nämlich das Wichtigste. Kein Geringerer als Schubert sagte, das Wichtigste ist die Fantasie. Und wenn das schon Franz Schubert sagt…

Andere, so „banale“ Dinge wie Atemtechnik, allgemeine Fitness, Körperbeherrschung, was spielt denn das für eine Rolle dann beim Tanz?

Natürlich musst du üben, Wunder geschehen nicht. Ganz klar. Manchmal üb‘ ich mehr, manchmal weniger, und im Sommer, wenn es zu heiß ist, da hast du es einfach etwas schwerer als zum Beispiel am Flügel. Die Hitze macht ja nicht soviel aus, wenn du Klavier übst. Im Tanz kannst du dich dagegen nicht schützen. Das ist körperlich. Da ich den Vergleich habe, es ist viel viel intensiver.

Spielt da eigentlich auch die Ernährung eine Rolle?

Ja, natürlich musst du auf deine Ernährung achten, weil, kaum hast du, so wie ich zum Beispiel, ein paar Kilos zugenommen…, das ist einfach viel leichter, wenn du leicht bist. Du kannst deinen Körper besser, schneller drehen, du kannst einfach besser damit umgehen. Es ist nur ein Instrument, das du zur Verfügung hast, um sich plastisch auszudrücken. Und es ist einfach bequem, ein leichtes Gewicht zu haben.

Tanzt du eigentlich mehr nach einer festgelegten Choreographie oder eher spontan?

Ich höre mir ein Stück mehrmals durch, manches spiele ich selber. Wenn ich mir das Stück anhöre, dreht sich eine choreographische Geschichte im Kopf. Ein Musikwerk ist immer mit entweder einem Gemälde zu vergleichen oder mit einem Buch, oder mit einem Gefühlserlebnis. Das ist immer eine Geschichte, da sind immer Klanggebungen dabei, das ist immer ein Format. Die Kriterien für einen Tanz, Bild, Buch, Musikwerk, architektonisches Werk, sind immer dieselben, mit Kulmination, mit der Dynamik, mit den Farben, Plastik, Phrasierung und mit dem Inhalt natürlich.

In welchem Alter sollte man bei entsprechender Eignung überhaupt mit dem Ballettunterricht beginnen?

Je früher, desto besser. Fünf ist ein gutes Alter.

Und wie wird denn so eine Eignung dann überhaupt festgestellt? Es ist ja nicht jeder geeignet für’s Ballett.

In Russland nicht. In Deutschland schon. Und inzwischen, find ich, eine goldene Mitte ist gesund.

Das ist wie beim Klavierspiel oder Geigenspiel. Die Größe deines Apparates, deine Auswärtsdrehung und Auswärtsstellung sind maßgeblich. Die Frage ist, wie weit du kommen möchtest und für welche Ziele du dich entscheidest, und genauso ist es mit den Füßen im Tanz. Ob du Rechtsbeiner bist oder Linksbeiner, das ist genau so, als ob du mit der rechten Hand schreibst oder mit der linken. Genauso ist es mit den Füßen. Ich bin zum Beispiel Linksbeiner.

Das ist interessant. Pianisten können ja beliebig lang vom Alter her spielen, mit über 90 auch noch. Bis zu welchem Alter kann man, ohne dass man die Gesundheit ruiniert oder gefährdet, klassisches Ballett tanzen?

Das kommt d’rauf an. Profis gehen so mit plus minus 40 Jahren schon in Rente, weil die meisten von ihnen leidenschaftlich unterrichten und ihr Können weitergeben. Das ist natürlich immer sehr individuell wie dein Körper mithält. Es gibt natürlich Menschen wie Plisetskaya, Alonso, sehr viele, die das bis in’s hohe Alter gekonnt hatten.

Demis Volpi – der Nachfolger von John Neumeier in Hamburg – hat einmal geäußert: „Ich möchte, dass das Publikum im Theater träumen und fühlen kann. Dass es versteht, was passiert.“

Braucht der durchschnittliche weibliche bzw. männliche Zuschauer oder Zuhörer bestimmte Vorkenntnisse, um eine Ballettaufführung genießen zu können?

Ja. Speziell John Neumeier, ohne zu wissen, dass du auf ihn zu sprechen kommst, der übrigens erst nach seinem 80. Geburtstag aufgehört hat zu unterrichten, wollte ich unbedingt erwähnen, weil das wie John Cranko und Irgi Kilian (Mozart ist seine Spezialität) für mich einige der größten Choreographen im Tanz sind. Das bewundere ich. Wie kann man, zum Beispiel wie Neumeier, so intellektuell hervorragend Beethovens und vor allem Mahlers Sinfonien choreographieren.

Was möchtest du noch zum Schluss Musik- bzw. Tanzliebhaberinnen und – Liebhabern mit auf den Weg geben?

Zu tanzen und Musik zu „sehen“. Ballette zu hören. Also ich sag immer, Ballette hören. Ganz einfach. Instrumentalspiel und Tanz sind siamesische Zwillinge, denn beide befinden sich in delikater Bewegung.